Weg zur Selbstfindung
Manchmal kommt der Moment, in dem der Alltag hohl klingt. Die vertrauten Abläufe, die Pflichten, die Stimmen verlieren ihren Klang, und etwas in uns wird laut. Kein Drama, keine große Flucht. Nur ein inneres Ziehen, leise und unerbittlich. Es führt nicht hinaus in ferne Welten, sondern hinein in das, was lange im Schatten lag. Selbstfindung ist kein Wort für Ratgeber. Es ist ein inneres Beben.
Der Weg beginnt dort, wo die Masken fallen. Wo die Schönheit nicht mehr in der Kontrolle liegt, sondern in der nackten, manchmal unbequemen Wahrheit. Es ist eine Reise ohne Karte, ein Fluss, der sich selbst den Lauf sucht. Du trittst hinein mit nichts als der Sehnsucht, etwas Echtes zu berühren. Und was du findest, ist nicht immer Licht. Aber es ist deins.
Ich erinnere mich an den Tag, an dem ich den Lärm hinter mir ließ. Nicht aus Trotz, sondern aus Erschöpfung. Die ständige Wiederholung des Immergleichen hatte mich taub gemacht. Und so zog ich los. Nicht weit, nicht heldenhaft. Nur fort. Mit nichts als einer Frage: Wer bin ich, wenn niemand zusieht?
Die Antwort lag nicht im Außen. Sie wartete in der Stille. Nicht der friedlichen, sondern der fordernden. Dort, wo keine Ablenkung mehr bleibt, zeigt sich, was wir wirklich tragen. Ich sah Angst. Wut. Sehnsucht. Schatten, die ich weggesperrt hatte, standen plötzlich im Raum. Nicht als Feinde, sondern als alte Bekannte. Und sie wollten gesehen werden.
Selbstfindung ist kein Lichtweg. Sie ist eine Schwelle. Man verliert sich, um sich zu erinnern. Man erkennt, dass das „Böse“ in uns oft nur der Teil ist, den wir zu lange ignoriert haben. Nicht destruktiv, sondern verstoßen. Und in diesem Erkennen beginnt Heilung. Nicht glänzend, sondern still. Nicht perfekt, aber echt.
Ich fand meinen Ort nicht in einer Vision, sondern in einer alten Hütte tief im Wald. Kein Symbol, kein Märchen. Einfach nur ein Raum, der nichts forderte. In dieser Leere begriff ich: Alles, was ich suchte, war nie fort. Ich war nur zu laut gewesen, um es zu hören.
Der Wald wurde mein Spiegel. Die Blätter, die sich regten. Die Vögel, die frei waren. Die Erde, die roch wie ein Versprechen. Ich wurde still. Und in dieser Stille wurde ich ganz. Nicht erlöst, nicht neu geboren – aber offen. Für mich. Für das Leben.
Als ich zurückkehrte, war nichts äußerlich anders. Aber innen war Raum. Und dieser Raum machte Platz für das, was zählt: das Lachen eines Fremden. Der Geruch von Regen. Eine Berührung. Die Magie der kleinen Dinge. Kein Ziel, kein Triumph. Nur das Wissen: Ich lebe. Und das reicht.